Mut zum Reisen

Warum wir freilernen

„Ihr seid so mutig“

„Ihr seid so mutig“ – das haben wir sehr oft gehört seitdem wir Deutschland verlassen haben! Wir fühlen uns jedoch überhaupt nicht mutig, im Gegenteil: Für uns ist es mutig, in Deutschland zu bleiben! Für uns war die Entscheidung, in ein Wohnmobil zu ziehen und zu reisen nur eine logische Konsequenz aus mehreren Gründen und hatte nichts mit Mut zu tun.

Unsere Kinder waren in ihren Schulen sehr unglücklich, fühlten sich einfach nicht wohl. Hinzu kam der ständige Stress, das viel zu frühe Aufstehen, die Hausaufgaben, das abendliche Drängeln, dass sie zeitig genug ins Bett kamen. Dann kam Corona… auf einmal konnten unsere Kinder zu Hause lernen und sich ihre Zeiten selbstständig einteilen. Auf einmal hatten sie bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben eine 1:2 Betreuung, verstanden theoretische Inhalte viel schneller und besser als zuvor. Und das Beste war eigentlich: Sie hatten mehr Zeit zum Spielen und mehr Zeit mit uns, ihren Bindungspersonen! Wir merkten schnell, dass vor allem unser Sohn viel ausgeglichener und geerdeter war.

Schon länger war uns klar, dass das deutsche Schulsystem nicht für unsere Kinder gemacht ist. Auch aus eigener Erfahrung konnten wir sagen, dass der Lernstoff, welcher den Kindern schon frühzeitig geradezu reingeprügelt wird, kaum etwas fürs Leben nützt. Außerdem wird in den meisten Schulen bereits ab der ersten Klasse mit Belohnungs- und Bestrafungssystemen gearbeitet, was nun gar nicht mit unseren Vorstellungen einer wertfreien Erziehung übereinstimmt. Da werden die Kinder vorgeführt und bloßgestellt, wenn sie etwas vergessen oder falsch beantwortet haben. Dies entspricht ganz und gar nicht den Werten, die wir versuchen unseren Kindern zu vermitteln. Es entstehen somit Konkurrenzdenken und außerdem ein immenser Lerndruck, dem die meisten Kinder einfach nicht gewachsen sind.

„Mut“ zum Freilernen

Somit befassten wir uns mit dem Thema „Freilernen“. Es klingt alles so viel logischer! Wenn sich ein Kind viel intensiver mit Themen beschäftigt, welche es gerade von Innen heraus interessant findet, ist doch eigentlich vollkommen klar, dass diese auch nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Und dass ein Kind von ganz allein lernen will, dass es Dinge erkunden und verstehen will, dass es die Welt begreifen will, ist ihm schon von Geburt an mitgegeben. Sonst würde ein Kind auch nicht anfangen zu sprechen oder zu laufen. Dieses natürliche, intrinsische Lernen wird aber leider schon oftmals in der Grundschule kaputt gemacht. Hier mussten unsere Kinder lernen, sich anzupassen und zu funktionieren.

Doch so wollten wir sie nicht weiter aufwachsen sehen! Denn es war kein Wachsen bei ihnen zu beobachten, sondern eher ein Kleinmachen. Also kam mit Corona auch ein Wandel für uns. Wir lernten (und lernen auch immer noch), wieder Vertrauen in unsere Kinder zu haben, dass sie sich genau zur richtigen Zeit genau das aneignen würden, was sie interessiert und was sie brauchen. So befreiten wir sie aus dem Zwang der Schulanwesenheit und aus dem von Außen auferlegten Lernen.

„Mut“ zum Reisen zum Schutz unserer Kinder

Da in Deutschland das Freilernen aber rechtlich nicht möglich ist, war es also eine logische Konsequenz für uns, dieses Land zu verlassen.

Es hat für uns nichts mit Mut zu tun, für die richtige Lernatmosphäre und Lebensform seiner Familie zu sorgen und seine Kinder zu schützen. Es ist für uns eher mutig, seine Kinder tagtäglich in die Verantwortung anderer zu geben und keinen Einblick und auch keine Möglichkeit zur Mitwirkung in ihr Lernverhalten zu haben. Wir bekommen nun hautnah mit, was unsere Kinder wirklich nachhaltig lernen und welche Kompetenzen sie sich aneignen. Dabei gibt es von uns weder eine Wertung, noch entsteht irgendein Lerndruck, welchen so viele Kinder schon aushalten müssen.

Auch in unserem jetzigen Lebensstil ist nicht immer alles einfach und Friede-Freude-Eierkuchen. Auch wir gehen uns auf die Nerven und haben Streit. Doch durch unsere intensive Zeit miteinander haben wir eine viel stabilere Bindung zueinander. Und so kommen wir schnell wieder zu Lösungen und vor allem ins Vertrauen. Es gibt keine Streitereien um Hausaufgaben, deren Sinn ich den Kindern nie erklären konnte. Es gibt keinen unnötigen Stress, weil man sich beeilen muss in die Schule zu kommen. Es gibt keine Tränen, weil die Kinder noch müde sind und nicht aufstehen wollen. Es gibt keine unnötigen Diskussionen, warum sie zur Schule müssen. Diese Streitereien waren in unserem alten Leben alltäglich. Sie waren nervig und zerstörten unsere Familienidylle. Aber nun sind wir ihnen nicht mehr ausgesetzt. Wir hatten „den Mut“ uns davon zu lösen.

Wir haben all unseren „Mut“ gefasst und reisen, um unseren Kindern ein natürliches und nachhaltiges Lernen zu ermöglichen und als Familie ein friedvolleres Leben zu leben.

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